«Ich suche immer nach Erfüllung und habe mich nie extra für einen einfachen Weg entschieden, sondern lieber für einen der mich körperlich und geistig erfüllt.»
Flori, vielen Dank dass Du Dir die Zeit dafür nimmst, uns ein paar Fragen zu beantworten!
Am besten beginnen wir gleich mit einer sehr spannenden Frage:
Was zeichnet Deinen Weg speziell aus?
Was meinen Weg speziell auszeichnet ist, dass ich immer genau so gestartet habe, wie ich dachte, dass es für mich selbst am meisten Sinn macht und der richtige Weg ist. Das heisst die Frage «Welcher könnte der beste Weg für mich sein, in meiner Gesamtsituation?» begleitet mich ständig. Es geht nicht um das eine oder das andere, sondern ich treffe den Entscheid für mich als Ganzes.
2007 merkte ich, dass ich die Kombination Spitzensport und Studium nicht realisieren konnte. Also sammelte ich als erstes Geld sowie Berufserfahrung über einen 50% Job, trieb nebenbei Sponsorengelder zusammen und flog nach Erreichen der Budgetsumme nach Südafrika, um mit meinem Wunschtrainer arbeiten zu können. Nach gut 6 Monaten wurde ich Vizeeuropameister und sicherte mir das Ticket an die Olympischen Spiele.
Ein anderes passendes Beispiel:
Als ich mein Studium in Zürich beenden wollte, um mich nochmals voll auf den Sport zu konzentrieren, fand ich keinen Trainer, dem ich in der Schweiz vertraute und aus mir das rausholte, was ich brauchte. Darum habe ich 1 Jahr alleine trainiert, mit dem Programm meines Wunschtrainers aus Südafrika und bei Gelegenheit mit meiner Schwester am Beckenrand. Mit meinem Professor in Zürich handelte ich eine Lösung aus, die es mir erlaubte, die letzte Prüfung aus dem Ausland schreiben zu dürfen.
Wenn man etwas erreichen will, dann findet man immer eine Lösung seine Pläne umsetzen zu können – egal wie die aktuellen Umstände aussehen.
Wie sieht Deine Perspektive auf das Thema Spitzensport und Nachsportkarriere aus?
Man muss diese Themen und ihre Kombination sicherlich individuell betrachten. Ich wollte immer zuerst meine persönliche Situation möglichst rational mit Weitsicht verstehen. Für meine Situation sah das folgendermassen aus:
1) Ich bin gut in etwas, das ich liebe und das ich tun will.
2) Wenn man in der Schweiz nicht konstant zu den Top 3 der Welt gehört, verdient man sehr wenig Geld mit Schwimmen. Was bedeutet das nun für meine Situation?
Solange ich über Jahre «nur» zu den Top 10 der Welt gehöre und keine Olympiamedaille ausweisen kann, muss ich ein bescheidenes Leben führen und bin finanziell in der Zukunft nicht abgesichert. Die Frage, die ich mir stellte, war: Was wird mein (Job-)Marktwert zum Zeitpunkt sein, an dem ich meine Badehose an den Nagel hängen werde? Wie kann ich diesen Marktwert heute positiv beeinflussen und welche Option erlaubt mir einen möglichst angenehmen und erfüllenden Einstieg in meinen nächsten Lebensabschnitt?
Für mich war klar, dass ich nach dem Spitzensport finanziell stabilere Gewässer befahren und nicht mehr jedem Franken nachrennen möchte. Also bot sich ein Studium als die Variante an, die sich am besten mit meinem Traum als Sportler sowie meiner intellektuellen Neugier kombinieren liess. Ebenso bot diese Perspektive weiterhin Herausforderungen zu geniessen, nur mehr geistig und weniger körperlich.
Freude, verbunden mit Träumen und Zielen war für mich immer zentral, um Erfüllung zu finden – egal in welcher Hinsicht. Bei der Wahl, welchen Weg ich dazu einschlagen soll, liess ich mich immer durch die Begeisterung der Sache beeinflussen. Ich legte also immer die Perspektive im JETZT fest und liess mich von der Erfüllung im Jetzt sowie dem freudigen Ausblick treiben.
Was wünschst Du dir von den Athletes Days?
Mein Wunsch ist es, dass das Athletes Network vor allem jungen Athlet:innen klar macht, was Spitzensport heute bedeutet. Zudem sollen sie ihr Bewusstsein fördern. Bewusstsein bedeutet zu verstehen, zu schätzen und zu leben, für was man sich entscheidet. Diese Athlet:innen machen sich selbst ein Geschenk, indem sie mutig Verantwortung übernehmen für das Heute UND für die Zukunft. Und weil die Zukunft ohne die Erfahrung weniger greifbar ist, wünsche ich den Athlet:innen ein starkes Netzwerk, das sie bei Fragen und auf ihrem Weg zu ihren Träumen begleitet.
Der Schlüssel einer erfolgreichen Sport- und Nachsportkarriere sehe ich im Erlangen an einem nachhaltigem Selbstwertgefühl. Das wünsche ich allen Athlet:innen.